Für die Prävention von Infektionen ist es entscheidend, die Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden. Das gilt unter anderem in der Pflege ganz besonders. Denn pflegebedürftige Menschen haben ein erhöhtes Risiko für Infektionen und schwere Krankheitsverläufe. Und Pflegende können Krankheitserreger weitergeben und sich selbst infizieren.
Konsequente Hygiene ist eine wirksame Maßnahme, um das Infektionsrisiko pflegebedürftiger Menschen und Pflegender deutlich zu verringern.
Was ist eine Infektion?
Eine Infektion besteht, wenn Krankheitserreger wie Viren, Bakterien oder Pilze in den Körper gelangen und sich vermehren. Gelingt es dem Immunsystem nicht, sie abzuwehren, können sie krank machen. Dann spricht man von einer Infektionskrankheit. Infektionen können auf einzelne Stellen des Körpers begrenzt sein (Lokalinfektion). Beispiele sind Infektionen der Atemwege und der Harnwege, von Magen, Darm, Haut, Nägeln, Augen und Ohren. Sie können auch den ganzen Körper betreffen (Allgemeininfektion). Dazu gehören beispielsweise Infektionskrankheiten wie Hepatitis (Leberentzündung), Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Sepsis (Blutvergiftung).
Wenn eine Infektion im Zusammenhang mit der professionellen Gesundheitsversorgung entsteht, spricht man von einer nosokomialen Infektion. Deutschlandweit infizieren sich auf diese Weise jährlich schätzungsweise 400.000 bis 600.000 Menschen. 80 Prozent sind Lungenentzündungen, Harnwegs- und Wundinfektionen.
Was sind mögliche Anzeichen und Folgen einer Infektion?
Je nach Infektion können unterschiedliche Symptome auftreten. Mögliche Anzeichen einer Infektion sind zum Beispiel:
- Unwohlsein, Kreislaufprobleme
- Schmerzen
- Fieber, Schüttelfrost
- Brennen beim Wasserlassen, trüber Urin, häufiger Harndrang
- Husten, Schnupfen, Atemprobleme
- Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
- gerötete, geschwollene oder warme Hautstellen, eitrige Wunden
Bei älteren pflegebedürftigen Menschen sind die Symptome mitunter untypisch. Dadurch wird eine Infektion eventuell spät erkannt und behandelt. Dies kann sich negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken.
Infektionen können sich verstärken, ausbreiten und Folgeerkrankungen verursachen. Zum Beispiel kann aus einer in der Regel harmlosen Infektion der oberen Atemwege eine Lungenentzündung entstehen. Erreger einer infizierten Wunde können sich im Körper ausbreiten. Eine Blasenentzündung kann zu einer Nieren-Becken-Entzündung werden.
Eine lebensbedrohliche Folge einer Infektion kann eine Sepsis sein, auch Blutvergiftung genannt. Sie ist ein Notfall. Daher ist es wichtig, sie schnell zu erkennen und zu behandeln. Informationen bietet das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS).
Wie werden Krankheitserreger übertragen?
Krankheitserreger können sich überall in unserer Umwelt befinden, etwa im Atem, in Körpersekreten, auf Gegenständen, Textilien oder Lebensmitteln. Sie können zum Beispiel über Schleimhäute, Atemwege und Wunden in den Körper gelangen. Zudem sind künstliche Zugänge wie Blasenkatheter und Ernährungssonden mögliche Eintrittsstellen für Krankheitserreger.
Manche Erreger werden direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Das geschieht zum Beispiel durch infektiöse Tröpfchen oder winzige Flüssigkeitspartikel (Aerosole), die beim Atmen, Sprechen, Niesen oder Husten ausgeschieden werden (Tröpfcheninfektion oder aerogene Infektion). Eine Übertragung kann aber auch durch Kontakt zu etwas erfolgen, auf dem sich Erreger befinden (Kontaktinfektion). Dabei spielen die Hände eine wesentliche Rolle, zum Beispiel beim Händeschütteln oder beim Anfassen von Gegenständen wie Türklinken. Zudem kann die gemeinsame Benutzung von Toilettenartikeln wie Zahnbürste oder Nagelfeile dazu führen, dass sich Erreger verbreiten. Auch infizierte Personen, die keine Symptome haben, können andere anstecken.
Was beeinflusst das Infektionsrisiko?
Beim Kontakt mit Krankheitserregern muss es nicht automatisch zu einer Infektion kommen: Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Immunsystem, Vorerkrankungen, Impfungen, der Umgebung und den Hygienebedingungen. Zudem ist die Art der Erreger von Bedeutung: Einige Erreger sind robuster, leichter übertragbar oder ansteckender als andere.
Allgemein ist das Infektionsrisiko bei älteren pflegebedürftigen Menschen und auch bei Pflegenden erhöht. Dafür gibt es verschiedene Gründe:
Pflegebedürftige Menschen
Bei älteren pflegebedürftigen Menschen ist die Funktion des Immunsystems eingeschränkt. Zudem können einige Faktoren die Infektionsabwehr schwächen oder Infektionen fördern: Dazu gehören Mangelernährung und Flüssigkeitsmangel, einige chronische Erkrankungen sowie bestimmte Medikamente, chronische Wunden, Inkontinenz und künstliche Zugänge. Eine flache Atmung, etwa durch Schmerzen oder Bettlägerigkeit, begünstigt Atemwegsinfekte. Kommen verschiedene Faktoren zusammen, erhöht sich das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Studien zeigen, dass ältere Menschen häufiger bestimmte Infektionskrankheiten haben als jüngere. Dazu gehören zum Beispiel Harnwegsinfekte, Lungenentzündungen oder Hautinfektionen. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRE). Meistens handelt es sich dabei um Bakterien, die unempfindlich (resistent) gegen mehrere Antibiotika sind. Die Behandlung ist dadurch eingeschränkt. Ältere pflegebedürftige Menschen sind gefährdet, schwer an diesen Infektionen zu erkranken.
Zudem beeinflussen die Umstände das Infektionsrisiko: Zum Beispiel versorgen professionell Pflegende meist mehrere pflegebedürftige Menschen und können dabei Krankheitserreger übertragen. In Pflegeheimen können sich Bewohnerinnen und Bewohner auch untereinander anstecken.
Pflegende
Durch den engen Kontakt bei der Pflege können Pflegende mit Krankheitserregern in Berührung kommen und sich anstecken. Daher ist Hygiene auch für die Gesundheit Pflegender wichtig. Laut Daten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sind Infektionen die zweithäufigste gemeldete Berufskrankheit im Gesundheitswesen. Wie viele pflegende Angehörige sich im Pflegealltag infizieren, lässt sich schwer ermitteln und ist nicht bekannt.
Welche Bedeutung hat Hygiene für den Schutz vor Infektionen?
Konsequente Hygiene trägt maßgeblich dazu bei, die Übertragung von Krankheitserregern zu verhindern. Das gilt allgemein im Alltag und ist besonders bedeutsam in der Medizin und der Pflege. Entscheidend hierbei ist zum einen das individuelle Hygieneverhalten wie zum Beispiel die Händereinigung. Zum anderen sind die Hygienebedingungen wichtig. Dazu gehören zum Beispiel Möglichkeiten zur Reinigung der Hände und die Ausstattung mit Hilfsmitteln wie Desinfektionsmittel oder Schutzkleidung.
Hygiene im Alltag
Im Alltag bedeutet Hygiene vor allem, sich regelmäßig und gründlich die Hände zu reinigen und sich beim Husten oder Niesen von anderen abzuwenden. Dazu gehört auch, den Haushalt sauber zu halten. Desinfektionsmittel sind im privaten Haushalt in der Regel nicht nötig. Sie können sogar schädlich sein, indem sie Allergien oder Hautschäden verursachen und Krankheitserreger unempfindlich machen (sogenannte Resistenz-Bildung).
Hygiene bei der Pflege
Bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen sind je nach Situation weitergehende Hygienemaßnahmen nötig. Dazu gehören insbesondere die konsequente und gründliche Händehygiene vor und nach jeder Pflegemaßnahme sowie die Hygiene beim Umgang mit eventuell infektiösen Materialien. Bestimmte Erreger wie Multiresistente Erreger (MRE) oder das Corona-Virus erfordern darüber hinaus spezielle Hygienemaßnahmen, etwa die Verwendung von Schutzkleidung. Ob und welche Schutzkleidung getragen werden muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bedeutsam ist beispielsweise, wie ein Erreger übertragen werden könnte und ob eine Person gefährdet ist, schwer zu erkranken. Zudem ist es relevant, ob es Medikamente oder eine Schutzimpfung gegen die Infektion mit dem Erreger gibt.
Regelungen und Herausforderungen in der professionellen Pflege
Für die professionelle Pflege gibt es eine Reihe gesetzlicher Vorgaben zu Hygienemaßnahmen. Standards, Leitlinien und Empfehlungen bieten eine fachliche Orientierung. Außerdem gibt es einrichtungsinterne Regelungen zu Hygienemaßnahmen. Das betrifft zum Beispiel die Händehygiene, die Wundversorgung sowie den hygienischen Umgang mit Medikamenten und künstlichen Zugängen. Deren Einhaltung ist unter anderem Gegenstand der Qualitätsprüfungen vom Medizinischen Dienst (MD) und PKV-Prüfdienst. Jedoch ist mangelnde Hygiene ein relevantes Problem für die Sicherheit pflegebedürftiger Menschen. Das gilt insbesondere für die Händehygiene. Diese ist hoch bedeutsam zur Infektionsprävention. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kann die richtige Händehygiene im Gesundheitswesen das Risiko, Krankheitserreger zu übertragen, um 50 Prozent reduzieren. Für Deutschland wird davon ausgegangen, dass 20 bis 30 Prozent der nosokomialen Infektionen vermeidbar wären, wenn Hygienemaßnahmen korrekt eingehalten werden würden.
Bei der Umsetzung der richtigen Händehygiene besteht in der professionellen Pflege Verbesserungsbedarf. Hierauf weist unter anderem eine ZQP-Studie aus dem Jahr 2020 unter Pflegedienstleitungen und Qualitätsbeauftragten von 535 ambulanten Pflegediensten hin. Diese wurden nach dem Vorkommen von Fehlern gefragt, die in den letzten sechs Monaten mindestens einmal in dem Dienst aufgetreten waren. 31 Prozent gaben hierbei die Händehygiene an.
Welche Herausforderungen in der ambulanten Pflege bestehen, erfahren Sie in diesen ZQP-Publikationen:
Wozu dient Schutzkleidung in der Pflege?
Schutzkleidung soll dazu beitragen, die Übertragung von Krankheitserregern bei der Pflege zu verhindern. Je nach Situation dient sie dem Selbstschutz, dem Fremdschutz oder beidem. Schutzkleidung in der professionellen Gesundheitsversorgung unterliegt verschiedenen gesetzlichen Anforderungen. Festgelegt ist unter anderem, wie reißfest oder dicht sie sein muss. Angewendet werden zum Beispiel:
Medizinische Mund-Nasen-Masken
Der medizinische Mund-Nasen-Schutz (auch Chirurgen-Maske oder OP-Maske) hält einen Teil der Tröpfchen zurück, die zum Beispiel beim Sprechen, Husten oder Niesen entstehen. Damit dient er vor allem dem Fremdschutz. FFP2-Masken filtern außerdem kleinste, in der Luft schwebende Flüssigkeitspartikel (Aerosole), die beim Atmen entstehen. Daher bieten sie zum Beispiel beim Corona-Virus einen besseren Schutz – auch für sich selbst.
Sterile medizinische Einmal-Handschuhe
Sterile Einmal-Handschuhe sind frei von jeglichen Erregern. Sie tragen die Aufschrift STERIL und sind einzeln verpackt. Sterile Handschuhe werden angewendet, wenn es zum Handkontakt mit Wunden kommen könnte oder künstliche Eintrittsstellen berührt werden müssen, etwa bei Sonden. Sie werden auch beim Absaugen des Nasen-Rachen-Raums eingesetzt. Damit soll verhindert werden, dass Erreger über diese Eintrittsstellen in den Körper gelangen. Daher dienen sie insbesondere dem Fremdschutz.
Unsterile medizinische Einmal-Handschuhe
Medizinische Einmal-Handschuhe mit der Aufschrift UNSTERIL sind nicht steril. Aber bestimmte Grenzwerte zur Erregerbelastung werden nicht überschritten. Solche Handschuhe dienen insbesondere dem Selbstschutz bei Handkontakt mit Körpersekreten sowie damit verschmutzten Materialien.
Einmal-Fingerlinge
Fingerlinge sind nicht sterile Einmalprodukte. Sie bedecken einzelne Finger und eignen sich beispielsweise, um punktuell Salbe aufzutragen oder kleinere Wunden an einzelnen Fingern zu schützen.
Schürzen und Schutzkittel
Schürzen und langärmlige und hochgeschlossene Schutzkittel werden über der Kleidung getragen. Sie tragen dazu bei, eine Verbreitung von Erregern über die Kleidung zu verhindern. Je nach Material halten sie Erreger aus der Luft und Umgebung zurück oder schützen die Kleidung vor direkter Verschmutzung. Flüssigkeitsdichte Produkte eignen sich zum Beispiel besonders für körpernahe Tätigkeiten, etwa die Körperpflege.
Schutzbrille
Eine Schutzbrille schützt davor, dass Spritzer von Körpersekreten über die Augen in den Körper gelangen. Sie kann auch Aerosole zurückhalten, wenn sie an den Seiten dicht anliegt (Vollsichtschutzbrille).
QUELLEN
El Chakhtoura, N. G., Bonomo, R. A., & Jump, R. (2017). Influence of Aging and Environment on Presentation of Infection in Older Adults. Infectious Disease Clinics of North America, 31(4), 593-608. https://doi.org/10.1016/j.idc.2017.07.017
Embil, J. M., Dyck, B., & Plourde, P. (2009). Prevention and control of infections in the home. Canadian Medical Association Journal. 180(11), E82-E86. https://doi.org/10.1503/cmaj.071898
Großkopf, A., & Simm, A. (2022). Alterung des Immunsystems. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 55, 553-557. https://doi.org/10.1007/s00391-022-02107-6
Kiehl, W. (2015). Infektionsschutz und Infektionsepidemiologie: Fachwörter – Definitionen – Interpretationen. Berlin: Robert Koch-Institut. https://doi.org/10.25646/96
Mody, L. (2007). Infection control issues in older adults. Clinics in Geriatric Medicine, 23(3), 499-514. https://doi.org/10.1016/j.cger.2007.02.001
Nienhaus, A. Dulon, M., & Wendeler, D. (2017). Beruflich bedingte Infektionen im Gesundheitswesen. Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin, 52(01), 35-37. Link
Pletz, M. W., Eckmann, C., Hagel, S., Heppner, H. J., Huber, K., Kämmerer, W., . . . Grabein, B. (2015). Multiresistente Erreger – Infektionsmanagement 2015. Deutsche Medizinische Wochenschrift. 140(13), 975-981. https://doi.org/10.1055/s-0041-102452
Robert Koch-Institut (RKI). (2018). Infektionsprävention in der Pflege. Link [Aufgerufen am 6.3.2023]
Saß, A. C., Lampert, T., Prütz, F., Seeling, S., Starker, A., Kroll, L. E., . . . & Ziese, T. (2015). Gesundheit in Deutschland: Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Gemeinsam getragen von RKI und Destatis. Berlin: Robert Koch-Institut. https://doi.org/10.17886/rkipubl-2015-003
Wendt, C., Exner, M., Grünewald, T., Just, H.-M., Rufe, B., Simon, A., . . . Mielke, M. (2015). Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten: Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 58, 1151-1170. https://doi.org/10.1007/s00103-015-2234-2
Vonberg, R.-P., & Mutters, N. T. (2017). Epidemiologische Grundlagen nosokomialer Infektionen. In M. Dettenkofer, U. Frank, H. M. Just, S. Lemmen, & M. Scherrer (Hrsg.). Praktische Krankenhaushygiene und Umweltschutz (S. 1-14). Berlin/Heidelberg: Springer Reference Medizin. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41169-4_3-1
Yoshikawa, T. T. (2000). Epidemiology and Unique Aspects of Aging and Infectious Diseases. Clinical Infectious Diseases, 30(6), 931-933. https://doi.org/10.1086/313792
Zacher, B., Haller, S., Willrich, N., Walter, J., Sin, M. A., Cassini, A., . . . Eckmanns, T. (2019). Application of a new methodology and R package reveals a high burden of healthcare-associated infections (HAI) in Germany compared to the average in the European Union/European Economic Area, 2011 to 2012. Eurosurveillance, 24(46), Artikel 1900135. https://doi.org/10.2807/1560-7917.ES.2019.24.46.1900135
AKTUALISIERT
am 6. März 2023
AUTORINNEN
S. Garay, N. Möhr, A. Stage,
D. Sulmann, D. Väthjunker