Der menschliche Körper ist auf Bewegung ausgelegt – in jedem Alter. Bewegung entsteht, wenn die Muskeln unter anderem mithilfe der Gelenke und Bänder die Knochen bewegen. Über das Herz-Kreislauf-System werden dabei die Muskeln mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Körperliche Aktivität und Training fördern und steigern diese Vorgänge. Das wirkt sich positiv auf den gesamten Körper aus. Bewegung regt beispielsweise den Stoffwechsel an und senkt das Risiko für Bluthochdruck, Diabetes oder Rückenschmerzen.
Im höheren Alter und bei Pflegebedürftigkeit ist regelmäßige Bewegung außerdem wichtig, um die Beweglichkeit und damit die Selbstständigkeit zu fördern. Zudem wird die Sturzgefahr verringert.
Auch für die Gesundheit Pflegender spielt körperliche Aktivität eine wichtige Rolle. Pflege kann körperlich und psychisch sehr fordernd sein. Gezielte Bewegung trägt dazu bei, die Muskulatur zu stärken und Stress zu bewältigen.
Bewegungsmangel im Alter
Studien zeigen, dass ältere Menschen häufig viele Stunden am Tag sitzend oder liegend verbringen. Mehr als 8 Stunden sind dabei keine Seltenheit. Das bedeutet zugleich, dass viele ältere Menschen nur wenige Minuten täglich körperlich aktiv sind.
Zu den Gründen für Bewegungsmangel gehören zum Beispiel körperliche Einschränkungen und gesundheitliche Probleme, die vor allem im fortgeschrittenen Alter auftreten. Das sind beispielsweise fehlende Muskelkraft, eingeschränkte Beweglichkeit, Gangstörungen oder Probleme mit dem Gleichgewicht. Auch schlechtes Sehen sowie Schmerzen, Lähmungen oder Empfindungsstörungen, etwa an den Füßen, erschweren körperliche Aktivität. Mangelnde Motivation, fehlende Unterstützung oder Angst zu stürzen sind ebenfalls mögliche Gründe für Bewegungsmangel. Durch Bewegungsmangel können jedoch weitere Gesundheitsprobleme entstehen und Alltagsfähigkeiten rasch verloren gehen – mit der Folge, dass Hilfebedarf und Sturzgefahr steigen.
Für Menschen mit Demenz ist das Sturzrisiko sehr hoch, da die Erkrankung in der Regel die Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Gehfähigkeit beeinträchtigt. Schon kleine Ablenkungen oder Aufgaben, wie den Urin zu halten oder einen Rollator zu lenken, können koordinierte Bewegungsabläufe stören. Psychische Faktoren wie Angst oder Unruhe verstärken die Gefahr, zu stürzen.
Nutzen von Bewegung für Pflegebedürftige
Bewegung wirkt sich positiv auf Muskelkraft, Koordination und Gleichgewicht aus. Dabei ist jede Art von Bewegung hilfreich, um die Bewegungsfähigkeit (Mobilität) und damit die Selbstständigkeit zu erhalten oder zu verbessern: zum Beispiel täglich Spazieren gehen, Treppen steigen, leichte Gartenarbeit, Tanzen, Bettgymnastik oder auch die möglichst selbstständige Körperpflege. Verschiedene Studien zeigen, dass die Mobilität wirksam gefördert werden kann, wenn mehrmals in der Woche unterschiedliche Fähigkeiten gezielt trainiert werden. Förderlich ist es zudem, wenn das Training soweit möglich moderat körperlich anstrengend ist.
Durch Bewegung wird außerdem die Gefahr zu stürzen und damit auch das Risiko für schwere Folgen wie Knochenbrüche reduziert. Stürze können zudem den Pflegebedarf weiter erhöhen oder sogar zum Tod führen.
Wer sich auch bei körperlichen Einschränkungen so viel wie möglich bewegt, hat zudem ein geringeres Risiko für lange Bettlägerigkeit, Wundgeschwüre (Dekubitus), Gelenkversteifungen (Kontrakturen) und Verstopfung (Obstipation).
Nicht zuletzt ist Bewegung auch förderlich für die psychische Gesundheit und die kognitiven Fähigkeiten. So kann körperliche Aktivität zum Beispiel dazu beitragen, das Risiko für Depressionen und Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz zu senken.
Zudem gibt es in der Forschung Hinweise darauf, dass Bewegung bei leichten kognitiven Einschränkungen helfen kann, den weiteren Abbau zu verlangsamen.
Bei Bewegungsübungen für Menschen mit Demenz ist entscheidend, dass sie dabei individuell unterstützt werden..
Daher ist es sinnvoll, Bewegung zu fördern und mit gezielten Maßnahmen Stürzen vorzubeugen.
Nutzen von Bewegung für Pflegende
Pflegende sind zum Teil körperlich einseitig belastet und dazu psychisch sehr gefordert. Dadurch ist ihre Gesundheit gefährdet. Pflegende Angehörige haben zum Beispiel öfter Rückenschmerzen als Menschen, die nicht pflegen. Auch professionell Pflegende haben häufiger als andere Erwerbstätige Schmerzen im Rücken oder in den Beinen. Zudem sind Nacken- und Schulterschmerzen verbreitet. Häufiger als in anderen Berufsgruppen treten auch Schlafprobleme, Erschöpfung oder depressive Stimmungen auf. Eine Untersuchung mit Daten aus dem Jahr 2017 zur Arbeitsunfähigkeit bei AOK-Versicherten ergab zudem, dass in den pflegenden Berufen der Krankenstand höher ist als in anderen Berufsgruppen.
Sich regelmäßig und gezielt zu bewegen sowie Sport zu treiben, hilft, körperliche und psychische Beanspruchungen besser zu bewältigen. Dabei sind bereits kleine Steigerungen der körperlichen Aktivität im Alltag förderlich für die Gesundheit. Dazu gehört auch häufiges Treppensteigen oder zügiges Spazierengehen. Damit können die Kondition verbessert, Muskeln gestärkt oder Stress gelindert werden. Mit Übungen, die die Rückenmuskulatur trainieren oder die Beweglichkeit verbessern, können Pflegende zudem Schmerzen vorbeugen. Mehrmals in der Woche Sport zu treiben hilft dabei, Stress abzubauen sowie die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden zu verbessern.
Außerdem ist für Pflegende wichtig, ihren Rücken zu schützen.
QUELLEN
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AKTUALISIERT
am 19. April 2021
AUTORINNEN
S. Garay, N. Kossatz,
K. Lux D. Sulmann